Die neuen Q-Stufen

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Interview mit Sven Wolf, Bundeskoordinierungsstelle für den ServiceQualität Deutschland e. V.

Herr Wolf, Sie sind schon seit langem ein fester Bestandteil von ServiceQualität Deutschland. Was ist Ihrer Meinung nach die größte und bedeutendste Veränderung zwischen dem neuen und dem „alten“ Q-System?
Ich würde den Unterschied mit drei Schlagworten beschreiben: Vielfältigkeit, Flexibilität und Einfachheit. Das „neue“ Q-System bietet Betrieben vielfältige Möglichkeiten, ihre Qualität mit uns individuell zu entwickeln. Es gibt mehr Q-Werkzeuge zu aktuellen Themen. Und der Betrieb kann völlig frei entscheiden, welche Q-Werkzeuge er nutzen möchte. Dort, wo er den größten Bedarf sieht, kann er flexibel reagieren und unsere Q-Werkezuge einsetzen, um Potentiale auszuschöpfen.

Das Q-System ist insgesamt viel einfacher geworden. Die Q-Werkzeuge funktionieren alle nach dem gleichen Muster. Der Betrieb analysiert betriebsinterne Prozesse selbstständig, entwickelt Verbesserungsmaßnahmen und erhält dafür ein qualifiziertes Feedback mit weiteren Tipps. Für mich steht das Q heute für mehr Raum zur individuellen Gestaltung von Qualitätsmanagement mit professioneller Unterstützung.

Ein zentraler Bestandteil des „alten“ Q-Systems war, dass die drei Q-Stufen aufeinander aufbauten. Auch heute antworten viele Q-Betriebe auf die Frage, ob sie Q-zertifiziert sind, noch: „Ja, aber nur in Stufe I.“ Was sagen Sie dazu?
Auch nach dem „alten“ Q-System sagt die Zertifizierungsstufe nicht unbedingt etwas über die Qualität des Betriebes aus. In höheren Stufen kamen einfach neue Q-Instrumente mit einem anderen Schwerpunkt dazu. Das heißt, je höher die Stufe, desto mehr Instrumente musste der Betrieb bearbeiten. Aber ja, man konnte erst in die Stufe II oder III einsteigen, wenn man die Vorgängerstufen schon bearbeitet hat.

Das ist jetzt viel einfacher. Wir bieten dem Betrieb Zertifizierungspakete an, die mindestens aus der Servicekette und zwei weiteren Q-Werkzeugen bestehen. Der Betrieb kann gleich das Zertifizierungspaket wählen, das seinen Bedarf deckt. Für eine Zertifizierung in Stufe II wird zusätzlich der Q-Mystery-Check umgesetzt; in Stufe III kommt noch das Q-Audit dazu. Mit einer höheren Stufe nimmt also die Prüf- und Beratungsintensität zu. Jedem Betrieb bleibt selbst überlassen, ob er sich einen Externen ins Unternehmen holen will, undercover oder als Berater. Wir bieten alle diese Möglichkeiten. Das heißt aber nicht, dass ein Betrieb in Stufe I weniger Servicequalität bieten muss als ein Betrieb in Stufe II oder III. Übrigends ermöglicht die neue Systematik heute auch den direkten Einstieg in die Stufe II oder III.

Ein Großteil der Q-Betriebe arbeitet mit den Q-Werkzeugen in Stufe I von ServiceQualität Deutschland. Für wen eignen sich, Ihrer Meinung nach, die weiterführenden Q-Werkzeuge „Mystery Check“ und „Audit“?
Ich finde, dass der Mystery-Check für alle Dienstleister interessant ist, durchaus auch für kleinere Unternehmen. Sogar Betriebe ohne direkten Kundenkontakt können sich testen lassen. Wir arbeiten hier mit professionellen Agenturen zusammen, die den Mystery Check fachgerecht durchführen und auch Verbesserungsvorschläge liefern. Ein unerkannter Testkunde nimmt die Dienstleistung des Betriebs wahr wie jeder andere. Aus dem Testbericht kann der Betrieb dann eventuelle Schwachstellen herauslesen und sie mit den vorgeschlagenen Maßnahmen gleich ausbessern. Auch das Q-Audit wird nur von akkreditierten Experten auf den Gebieten „Qualitätsmanagement“ und „Service Exzellenz“ durchgeführt. Hier können wir ebenfalls unabhängig von der Art der Dienstleistung und Größe des Betriebes agieren. Die Audits sind aber sehr weitreichend. Ich würde nur den Betrieben, die sich intensiv mit dem Thema „Qualitätsmanagement“ beschäftigen, empfehlen, das Q-Audit zu buchen. Kurz gesagt: Jeder Betrieb, der sich ein professionelles Feedback von einem Externen wünscht, ist mit dem Q-Mystery-Check und dem Q-Audit gut bedient.

Und was sind für Sie die wichtigsten Gründe für eine Q-Zertifizierung, auch nach dem Ablauf der ersten drei Jahre mit dem Q-Siegel?
Ja, Online-Bewertungen gewinnen immer mehr an Bedeutung und sind nicht zuletzt kaufentscheidend. Da ist es egal, ob ich online nach einem neuen Restaurant, einem Hotel oder einem Arzt suche. Was man aber auf den ersten Blick vielleicht nicht gleich erkennen kann, ist, dass Online-Bewertungen auch in einem direkten Zusammenhang mit Zertifizierungen und Klassifizierungen der Dienstleister stehen können.

Zertifizierte und klassifizierte Betriebe schneiden auf Online-Bewertungsportalen im Vergleich besser ab. Für Q-Betriebe wird sogar der größte Unterschied im TrustScore (s. Auswertungen des dwif 2017) deutlich. Ich glaube, das kommt daher, dass sich die Betriebe mit Q immer wieder intensiv mit ihrer eigenen Leistung beschäftigen. Das könnten sie natürlich auch ohne Zertifizierung tun. Aber das Q bietet eine einfache, systematisch aufgebaute und kostengünstige Vorlage zum Einstieg in ein innerbetriebliches Qualitätsmanagement. Das ist für mich einer der wichtigsten Gründe für das Q.

Außerdem hilft das Q dem Betrieb, sich kontinuierlich zu verbessern. Wir fragen im dreijährigen Zertifizierungszeitraum jährlich nach der Erfolgskontrolle und einem neuen Maßnahmenplan. Wir betreuen Q-Betriebe mit professionellem Feedback und Vorschlägen für Verbesserungsmaßnahmen. Im Q-Ideenpool können zertifizierte Betriebe auch selbst nach passenden Maßnahmen suchen.

Wichtig ist, dass die Q-Zertifizierung nicht als einmalige Sache verstanden wird. Immerhin ändern sich auch die Anforderungen der Kunden, unser technisches Umfeld und auch die Anforderungen der Mitarbeiter - siehe Generation Y oder Z - ständig. Deshalb ist es auch so wichtig, dass sich Betriebe selbst reflektieren und Prozesse und Standards bedarfsgerecht anpassen. Dabei hilft das Q immer wieder und deshalb ist es auch immer wieder sinnvoll.

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